04. Etappe: Cambrai - Reims, 153,5 km

Endlich einmal nicht viel los, und Petacchi kann auch einen Massensprint gewinnen.

Eine dringend notwendige Baldrian-Etappe war das heute. Wenn es in dem Takt weitergegangen wäre, nicht auszudenken, Herzkasperl in meinem zarten Alter, ist doch viel zu früh. Man kann’s in aller Kürze rekapitulieren: Nur 153 km waren’s heute, Ausreissergruppe geht, an der kurzen Leine gehalten von Saxobank und hauptsächlich Radioshack, wird 3 km vorm Ziel von den Sprinterzügen überrannt, dann Massensprint. Der war dann nicht uninteressant: Cavendish scheint nicht ganz so in Form zu sein, oder war’s einer der zahlreichen Stürze? Jedenfalls zieht er kurz los und lässt gleich wieder aus. Petacchi hingegen, der ja auch ein paar Quadratzentimeter Haut am Asphalt gelassen hat, stampft unaufhaltsam der Ziellinie entgegen. Thor Hushovd, mein zweiter Favorit, stank auch ein wenig ab, eher falsches Hinterrad ausgewählt, aber es schien, als hätte er auch nicht den notwendigen Morchel in den Schenkeln. Aber der ist ja gestern dafür wacker geritten und das Grüne Trikot hat er sich voriges Jahr auch eher durch Schlaufuchsigkeit geholt, da brauchte er gar nicht so viele Etappensiege dafür, da hatte er gegen “Bad Boy” Cav eh kein Laiberl im direkten Sprint.

Ansonsten: Viiiiieeeeeel Zeit, um dem Gelaber der Eurosports zu lauschen, Landschaftsbilder (jetzt auch nicht so spektakulär), Klischeeaufnahmen (typischerweise: Kühe, kunstfertig aufgestellte Traktoren, Windmühlen, gelbe Sonnenblumen mit Überblendung aufs Gelbe Trikot) und Aufarbeitung der letzten paar Tage. So richtig Luft holen zwischendurch. Eh schön. Man hatte auch Zeit, das Rad von Fabian zu filmen: Sehr gelb, viele nette Details, gelbe Akzente bei den Schalthebeln und sogar die Kettenblattschrauben in Gold. Etwas inkonsistent die weissen Bowdenzughüllen, aber sonst: Stil++.

Aber a pros pos Klischeebilder: Was mich etwas irritiert hat, war die Präsenz von Didi “The Devil” Senft am Montag, komplett mit auf die Strasse gemaltem Radl. Nix aussergewöhnliches, hört man den saisonierten Radsportverfolger raunzen, aaaaber: Derselbe Didi war zeitgleich auch im ORF zu sehen am Kitzbühler Horn! Gibt es da Nachahmer, Copycats? Oder gar eine geheime Didi-Armee, tausende Klone, ausgebildet in versteckten Bergklöstern, wo sie bereits im Morgennebel auf dem Hof im Takt zum Schlag der bedrohlichen Trommel mit Plastik-Forken herumspringinkerln?

Was kann man sonst noch sagen? Ach ja: Die Saxosituation. Fränk wird für 2 Monate ausfallen (3facher Bruch, Operation, ganz arg), hat aber schon gemeint, dass er gern die Vuelta fahren würde. Und konkret zur Tour: Schön, dass das ganze Chaos rund um die Schlecks und die Sponsoren-Nachfolge dem Team nicht so weh zu tun scheint. Andy wird jetzt Unterstützung brauchen, der junge Jacob Fuglsang muss das übernehmen, und Bjarne hat sicher auch keine Bedenken, das Gelbe vom Fabian auch schon am Samstag bei der ersten Bergankunft zu opfern, wenn da Unterstützung notwendig ist. Bin schon gespannt, wie sich das entwickelt. Bis zu den Bergen sollte, so keine Stürze oder sonstiges, Fabian in Gelb bleiben.

Sonstiges: Robert Gesink, die holländische Nachwuchshoffnung, schien heute ein paar Probleme gehabt zu haben. 2 Minuten Rückstand aufs Feld im Ziel, ganz schlecht. Wieder vertippt. Und Edvald Boasson Hagen scheint der Nachfolger von Thor Hushovd werden zu wollen: Ausgezeichneter Sprint heute. Der ist übrigens ganz cool: Interviewfrage, ob er denn seine Kollegen um Rat für seine erste Tour gefragt hätte. Antwort: “Nein, ich habe nicht viel mit ihnen geredet. Ich rede eigentlich generell nicht so viel.”

In diesem Sinne werde ich morgen eventuell auch mein Maul halten, passieren wird eh nicht viel und die Farbe für den Salon der neuen Villa an der Amalfi-Küste sucht sich auch nicht von selber aus.

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