Singlespeed-Umbau

Während ich also dumpf brütend daheim herumsitze und weil meine Mitleidsbezugsberechtigung langsam aber sicher ausläuft, muß ich einen Eintrag mit positiver Grundstimmung schreiben. Das fällt gar nicht so leicht, weil das rad- und rastlose Dasein zieht schon etwas runter.

Die Vorfreude aufs Zangeln hält mich über Wasser, und der Gedanke daran, mit dem dann noch geileren Hobel (man verzeihe mir die Umgangssprache!) durch die Stadt zu cruisen, während sich die Mädls ob der plötzlichen Erhöhung der Körperkerntemperatur Luft zufächeln müssen (weiche Knie nicht vergessen!), lässt das Herzerl dann doch wieder jauchzen.

Ich bin ja nach wie vor der Meinung, und predige sie zum tausendsten Mal, das beste Stadtgefährt ist ein altes Stahlrahmenrennrad. Die sind schick, robust, günstig zu haben, halbwegs pflegeleicht, und, ich bilde mir ein, für potentielle Profidiebe nicht so attraktiv wie das flashige Mountainbike, selbst wenn’s eins vom Baumarkt ist. Sollte man dann doch vorm leeren Laternenpfahl stehen, Achselzuck und Ebay. Die Nachteile seien natürlich auch nicht verschwiegen: Rumgepfriemel mit LED-Aufstecklichtern samt Batterieärgern, feuchtes Hinterteil und Pflastersteine. Straßenbahnschienen habe ich da jetzt absichtlich nicht mitreingenommen, weil über die bin ich ja auch schon gescheitert, da war ich noch unerleuchtet und selbst mit dem Pseudo-Mountainbike unterwegs. Alles eine Frage des auf den Befeuchtungsgrad angepassten Anfahrtswinkels, da nutzen auch die breitesten Reifen nix. Und die oft zitierten Gehsteigkanten als Argument für eine Federung kann ich auch leicht wegwischen: Was, bitte, machst am Gehsteig? Höchstens schieben!

Es kann natürlich sehr gut sein, dass ich unter einer kollektiven Verblendung leide, die in gewissen Bobo-Subkulturkreisen umgeht. Nur wenn ich dann sehe, wie die anderen mit Gefährten rumeiern, die fast alle Nachteile des Stahlrahmentigers haben, aber genauso wenig stadtgeeignet sind, dann bin ich mir wieder sicher. Wenn die traktorbreiten Profilreifen in ihrer Sehnsucht nach Waldboden verzweifelt surren, wenn die Federung den Fahrer herumwippt, dass sogar die Hutschpferde am Kinderspielplatz anerkennend nicken, dann sind alle Zweifel vergessen. Aber in echt sind ja die einzigen, die irgendwen mit Recht blöd schimpfen dürften, die mit den strunzvernünftigen Klapperkisten. Weil wenn die einen das Äquivalent eines Pajero in der Stadt demütigen, fahre ich quasi mit dem Ferrari herum, auch net viel besser. In ein paar Jahren, wenn ich endgültig faul geworden bin, dann kommt mir auch ein Nabendynamo ins Haus. Bis dahin: Lasst mir die Illusion meiner Jugend und meiner Individualität!

So, und jetzt zurück zum Wichtigsten im Leben, mein Rad: Kontraproduktiv ist natürlich, kommt man aufs Diebstahlargument zurück, wenn man so wie ich, Blut, Schweiß und Tränen (aber keine anderen Körperflüssigkeiten, ich schwöre!) ins Rad reinsteckt, ganz zu schweigen von den Ausgaben, die den Anschaffungspreis schon um das drei- bis vierfache übersteigen. Und jetzt kommt noch mehr Bling drauf: Der abgeschnittene Bügel wird durch einen rassigen Bullhornlenker ersetzt, anstelle der alten Bremshebel zupfe ich in Zukunft an attraktiven schlanken Zeitfahrbremsen, und wenn’s wahr ist, dann krieg ich eine hübsche Nabe, wo mir der Radschrauber des geringsten Misstrauens dann rundherum ein neues Laufrad aufbaut. Die neue Hinterradnabe ist nicht nur optisch ansprechend und spart hässliche Spacer, nein, sie bietet auch den Vorteil, dass man sie zweiseitig einsetzen kann. Zuerst ein normales, harmloses Rad mit Freilauf, aber kaum dreht man das Hinterrad, wird man zum Inbegriff des Cool, zum urbanen Helden, weil auf der anderen Seite lauert ein fixiertes Ritzel auf seinen Einsatz (dort wird es auch eine Weile lauern, mal schauen, ob ich das jemals verwende!).

Ich glaube, ich brauch dann auch noch einen neuen Wegwerfstadthobel dazu. Und wenn ich jemals wieder davon fantasiere, den noch geiler und schnittiger zu machen, bitte ich alle wahren Freunde darum, mich sofort auf dem Boden zu fixieren und erst wieder loslassen, wenn ich wieder Vernunft angenommen habe.

Shave a Yak << || >> Sozialkompentenz für Radler