Bicycle Film Festival

Bei den meisten Leuten, die ich so kenne, ruft die Aussicht auf 3 Abende voller Filme von und mit Radfahrern ja höchstens eingeschlafene Füße hervor. Daher war ich doch sehr überrascht, dass ich nicht nur willige Opfer fand, die mit mir zumindest am Samstag hinlatschten, sondern dass es anscheinend doch auch viele andere Perverse gibt, die sich ein Bicycle Film Festival anschauen. Und schon alleine wegen des Anblicks der mit Rädern vollgestellten Aspernbrücke hat sich der Besuch ausgezahlt. Deren Besitzer standen dann zahlreich in der Urania herum und machten eh ganz normale Party-Sachen, aber halt mit um die Schulter geschmiegter Kuriertasche, Radkapperln mit keck nach oben zeigendem kurzen Schirm und Klickpedalschuhen. Endlich einmal, dachte ich bei diesem Anblick, hat sich das Blatt gewendet, weil die “normalen” Leute hier deutlich in der Minderzahl waren. Weil sonst wird man höchstens komisch angeschaut, wenn man vergessen hat, das rechte Hosenbein aus dem Socken zu ziehen.

Zwischen ein paar Bieren ging man in den Kinosaal, um sich was anzusehen. Und, wie gesagt, verging da kaum eine Szene, ohne dass ein Zweirad in irgendeiner Form im Bild war. Auch einmal eine Abwechslung, sonst dürfen die im Kino höchstens in einer schicken Wohnung an der Wand hängen oder im Hintergrund vorbeifahren, um Strassenszenen mit Leben zu füllen. Hier spielten sie die Hauptrolle, ob als Arbeitspferd unter dem Hintern von Profisportrennradlern (und auch das böse D-Wort wurde hier nicht verschwiegen), oder bei den Urban Bike Shorts als Kultobjekt. Da konnte man fremden Leuten zusehen, wie sie auf ihren Rädern Kunststücke machen, es zu rollenden Palatschinken-Küchen umbauen, sich todesmutig durch dichten Verkehr schlängeln, und durfte sich erfreuen an einem netten Musikvideo mit BMX-Fahrern in Hasenmasken, das anscheinend nur mir neu war, weil alle anderen an den richtigen Stelle in die Hände klatschten.

Am nächsten Tag gab es dann das Highlight, zumindest für mich. Als Rahmenprogramm wurde der Hermannsstrand ja schon die ganze Zeit über für diverse subkulturelle Wettbewerbe wie Trackstanding, Tallbike Jousting, Bike Polo und so weiter missbraucht. Am sonnigen Sonntagnachmittag diente er zusätzlich noch als Start und Ziel für ein sogenanntes Alleycat. Das ist, einfach gesagt, eine Schnitzeljagd für Radkuriere - man kriegt einen Wisch, auf dem verschiedene Ziele vermerkt sind, die man anfahren und dort Aufgaben erledigen muss. Warum man als Messenger aus Spaß in seiner Freizeit dasselbe macht wie im Alltag, entzieht sich mir. Ist ein bissi, als ob sich Versicherungsmathematiker nach der Arbeit treffen würden, um Sterbetafeln von fiktiven Ländern auszurechnen. Halt ein wenig lebensgefährlicher.

Weil kaum gab’s das Startsignal, rannten die knapp 50 Teilnehmer los, schwangen sich auf ihre Fixies und ab ging die Post, gleich mal bei Rot über den Ring, wo sie von vielen Autofahrern mit tatkräftigem Hupen angefeuert wurden. Wir 4 hatten sowieso einen Pakt geschlossen, mitfahren, zusammenbleiben, und net letzter werden, warteten also manchmal auf Lücken im Verkehr und schulterten kaum Passanten aus dem Weg. Wär sowieso wurscht gewesen, weil weder generelle Lebensmüdigkeit noch Morchel im Wadel sonderlich entscheidend sind, sondern eher, wie geschickt man sich die Checkpoints einteilt, die kreuz und quer über die Stadt verteilt lagen, von der Koppstrasse über den Schwarzenbergplatz bis zum Stadioncenter. Einmal angekommen musste man die Stufen zur Hauptbibliothek rauf zählen, bei der Oper Leute zum Walzertanzen überreden, abstempeln bei U-Bahnstationen, Soletti essen, mit dem Citybike zum Lusthaus wetzen, sein Vorderrad wieder aufpumpen und andere lustige Dinge. Wie gesagt, Einteilung ist alles, und, geschickt und intelligent wie wir waren, sind wir nur 5 Mal kreuz und quer durch die Innenstadt gefahren und haben mit Müh und Not den vorletzten Platz gerettet, aber sind immerhin fertig geworden, weil ein ganz erklecklicher Anteil hat aufgegeben oder wurde disqualifiziert, weil sie die eine oder andere Aufgabe nicht erfüllten (ganz schön streng!).

Naja, das war’s dann auch - wir bewunderten noch ein paar schöne Räder rund um die Urania und fuhren heim. Immerhin weiss ich jetzt, dass es in Wien doch ein paar gibt, die noch Radlwahnsinniger sind als ich!

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